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Z_WEIT:NAH (ab 10 Jahren)

11. September 2021 um 17:00 bis 18:00

Nur mit Vorbestellung!

Z_WEIT:NAH (ab 10 Jahren)

Für Gäste bei Fremden und Fremde, die Gastgeber:innen werden können

Es musste alles ganz schnell gehen. Niemand hat mir etwas erklärt. Ich musste weg. Es war mitten in der Nacht. Ich hab’s bis heute nicht verstanden. Die neuen Menschen um mich herum sind anders. Ich vermisse mein Zuhause. Die Regeln hier verstehe ich nur langsam. Ich sage „bitte“ und „danke“. Ich lächele viel, damit nicht auffällt, dass ich nicht dazu gehöre. Nicht wirklich. Nie ganz. Ich bin ein Gast unter Fremden.

Was klingt wie eine der vielen Fluchtgeschichten, die wir seit Jahren täglich hören, ist zugleich auch der Anfang einer ganz anderen Fluchtgeschichte, einer, für die wir in Deutschland bleiben können. 70.000 Kinder, das ist 1 % der Minderjährigen in Deutschland, leben in Pflegefamilien. Viele von ihnen machen eine wahre Odyssee durch, bevor sie endlich eine neue Heimat finden. Und oft bleiben sie in ihrer neuen Familie zu Gast bei Fremden, obwohl die Familie sich viel Mühe gibt. Über diese Biographien wird interessanterweise in Deutschland kaum gesprochen, unter Gleichaltrigen gibt es kein Bewusstsein für dieses Problem.

Das Gefühl, Gast bei Fremden zu sein, der Verlust von Heimat und allem Vertrauten, liegt ganz ähnlich auch bei Geflüchteten vor. Sie erleben einen ebenso starken Anpassungsdruck, irgendwann dazugehören zu müssen. Und wenn sie überleben wollen, müssen sie auf Distanz gehen, zu dem was sie liebten, weil das nicht mehr gut für sie ist. Sie müssen neue Wurzeln schlagen, müssen sich mit etwas gemein machen, was ihnen nicht nah ist.

Was verbindet diese zwei Perspektiven? Was trennt sie? Können wir mit dem uns eigentlich Nahen auch das uns Fremde mehr begreifen? Was führt dazu, dass manche es schaffen, im weiteren Verlauf ihres Lebens erfolgreich anzukommen, andere aber ein Leben lang gebrochen sind? Was können wir von ihnen für unser eigenes Leben lernen, sind wir doch alle zur Zeit dauerhaft in der Krise? Was macht uns stark?

Trailer zu WEIT:NAH

Konzept / Text / Regie: Ragna Kirck
Spiel
: Carmen Konopka, Jad Abbas
Dramaturgie
: Karoline Bendig
Ausstattung
: Rupert Franzen
Musik
: Klaus Jacobs
Technik
: Marco ten Wolde, Klaus Jacobs
Interview- / Probenklassen
: Maren-Irina Lutz
Produktionsleitung
: Ragna Kirck, Hille Marks
Graphik + Layout
: Sabina Kukuk
Fotos
: Monika Nonnenmacher
DVD
: Roman Holtwick

„Sonnenfinsternis der Träume

Hilflosigkeit, Einsamkeit, Verzweiflung, aber auch Mut, Optimismus und vor allem Leidenschaft prägen das neue Stück im CASAMAX. WEIT:NAH unter der Regie von Ragna Kirck offenbart über 60 Minuten das Schicksal junger Menschen, die ihrem zerstörerischen Zuhause entkommen müssen, um eine Chance auf eine selbstbestimmte Zukunft zu erhalten oder schlicht, um zu überleben. Kirck und ihr Ensemble um Carmen Konopka sowie Jad Abbas beleuchten dabei nicht nur das Drama des Aufbruchs sondern auch des An­kommens. Zwar integriert in ihren Pflegefamilien, bleiben die jungen Leute dennoch trotz Anpassungsbereitschaft oftmals nur geduldete Gäste abseits des Hauses. Immer stark sein müssen, raubt Energie. Auch die Darsteller:innen beginnen zu zweifeln. Freiheit, Gleichheit, Frieden werden zur Illusion, die allenfalls noch zu trösten vermag oder sich als Ohnmacht zeigt. Der Trost­losigkeit setzt das Stück eine motivierende Utopie des Zusammenhalts im Kleinen entgegen. „Bleibt nicht alleine!”, lautet der Appell zu einem „Come Together“, das selbst in seiner limitiertesten Form – der Zweisamkeit – große Veränderungen herbeiführen kann.“

INsülz Winter 2021

„Das wünscht sich doch ein jeder Teenager: „Scheiße bauen, und dann gerettet werden“. Eine Sehnsucht, die auch jene Kinder hegen, die in Pflegefamilien aufwachsen, weil sie in Obhut genommen wurden, um sie vor ihren angestammten Familien zu schützen. Sie leben mitten in Deutschland und müssen gleichwohl eine neue Heimat finden. „Weit.Nah“ nennt das Casamax Theater seine neue Produktion, in der ein Mädchen (Carmen Konopka) ebenso ein neues Zuhause sucht, wie der Flüchtlingsjunge (Jad Abbas), der seine Familie in Syrien zurücklassen musste.

Das Stück von Ragna Kirk – die auch Regie führte – erzählt von jenem Leben im Wartestand, das von banger Hoffnung, plötzlich aufwallendem Zorn und dem Versuch, sich selbst ein imaginäres Haus der Geborgenheit zu konstruieren, gezeichnet ist. Stets bleibt die labile Gefühlslage im emotionalen Niemandsland spürbar. Wie gehen die beiden miteinander um, sind ihre Probleme doch so ähnlich und zugleich so verschieden? Die vorsichtige Verständigung schafft das Spannungsmaterial der Inszenierung.“

Thomas Linden Sept. 2021

Details

Datum:
11. September 2021
Zeit:
17:00 bis 18:00
Veranstaltungskategorie:

Veranstaltungsort

CASAMAX Theater
Berrenrather Str. 177
Köln, 50937 Deutschland